Fröhliche Ost-ern!

Wir haben Sie ja letztes Jahr schon gewarnt – für uns Ost-West-Familien gibt es die meisten Feste doppelt. So durften wir letztes Wochenende schon einmal Ostern feiern (man könnte, Wolfgang Neuss zitierend, auch „Western“ sagen) und nun, dieses Jahr nur eine Woche später, erneut. Unsere tapferen Nachbarn hatten trotz Schnee schon einen Baum im Garten mit Ostereiern behängt, und meine Familie beging den Karfreitag (West) ganz in der protestantischen Tradition mit der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach, feierte dann aber am Westersonntag in der ukrainischen Kirche den Palmsonntag (Ost).

Ukrainische Paska (Wikipedia)

In den Tagen vor Ostern wurden schon Ostereier bemalt und Paska gebacken. Vor dem Gang in die Kirche werden diese, aber auch andere Lebensmittel in einen Korb gelegt, mit einem bestickten Tuch bedeckt und mitgenommen, um nach der Osterliturgie gesegnet zu werden. Danach sitzt man zusammen, isst und trinkt und feiert den ganzen Tag mit der Familie und Freunden.

In der Ukraine ist Ostern vor allem ein spirituelles Fest, das Ende der Fastenzeit und die überschwängliche Freude darüber, dass durch den Tod der Tod besiegt wurde. Das kommt ganz besonders an diesem Tage in der Kirche immer wieder zur Sprache, in Lesungen, der Predigt und auch Gesängen. In den Ostersprüchen,  die den Abschluss des Abendgottesdienst bilden, nach dem unmittelbar die Liturgie beginnt, wird die ganze Osterbotschaft verkündet1:

„Gott steht auf, da zerstieben seine Feinde.“
Das weihevolle Passah ist uns heute erschienen,
das neue und heilige Passah, das geheimnisvolle,
das hochhehre, das Passah Christus, der Erlöser,
das unbefleckte Passah, das große Passah,
das Passah der Gläubigen,
das uns öffnet die Pforten zum Paradies,
das Passah, welches heiligt alle Gläubigen.

„Wie Rauch verweht, werden seine Feinde zerstört.“
Kommet zum Schauen mit der frohen Botschaft,
Ihr Frauen, und saget zu Zion:
Empfange von uns die Kunde der Freude, der Auferstehung Christi.
Tanze und juble und sei fröhlich, Jerusalem,
weil Du den König Christus sahst,
hervorgehen aus dem Grabe wie einen Bräutigam.

„Die Frevler vergehen vor dem Angesichte Gottes,
doch die Gerechten können fröhlich sein.“
Als die balsamtragenden Frauen früh am Morgen
an das Grab des Lebensspenders traten,
fanden sie einen Engel auf dem Steine sitzen,
der ihnen zurief und also sprach:
Was sucht Ihr den Lebendigen unter den Toten?
Was beweinet Ihr den Unverweslichen an der Stätte der Verwesung?
Gehet hin und bringet Kunde seinen Jüngern.

„Dies ist der Tag, den der Herr gemacht,
lasset uns frohlocken und fröhlich sein.“
Das schöne Passah, das das Passah des Herrn,
das hochhehre Passah ist uns erstrahlt.
Passah! Umarmen wir einander in Freude,
oh Passah, Du Erlösung von der Trauer.
Denn aus dem Grabe wie aus einem Brautgemach
strahlt Christus heut hervor
und erfüllte die Frauen mit Freude indem er sprach:
bringet Kunde den Aposteln.

„Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.“
Auferstehungstag! Lasst uns Licht werden durch dieses Fest
und einander umarmen und „Brüder“ sagen auch zu denen, die uns hassen
und allen vergeben um der Auferstehung willen.
und also rufen: Christ ist erstanden von den Toten,
durch seinen Tod hat er den Tod besiegt
und denen in den Gräbern das Leben geschenkt.

Wir wünschen Ihnen und allen Freunden der Ukraine eine gesegnetes und frohes Osterfest – Христос воскрес! Воістину воскрес!


1 Deutsche Fassung der Ostersprüche: Chor der russ.-orth. Kirche des Heiligen Prokop, Hamburg

Share